Zentrierung von Elementen auf Buchumschlägen
Durch unsere Hände ist eine UNZÄHLIGE Menge an Büchern gewandert. Wir sahen wunderschöne, kreative, freche und entzückende Umschläge. Es gibt aber auch Buchdeckel, die gegensätzliche Emotionen wecken. Es gibt wohl nichts, was uns so sehr frustriert, wie ein Buch, dessen ästhetisches Potenzial durch einen kleinen Fehler verspielt wurde. Eine nicht mittig auf dem Buchumschlag ausgerichtete Grafik ist für einen Perfektionisten die wahre Hölle. Heute befassen wir uns mit dem Zentrieren.
Was bedeutet, dass eine Grafik zentriert bzw. mittig ausgerichtet ist?
Man spricht von einer Zentrierung bzw. einer mittigen Ausrichtung, wenn die Mitte des platzierten Elementes (z.B. eines Fotos, grafischen Motivs oder Textes) auf dem Umschlag mit der Achse, die vertikal in der Mitte des Umschlags verläuft, übereinstimmt. Bei um mehrere Millimeter auf dem Umschlag verschobenen Elementen müssen manche wirklich die Zähne zusammenbeißen. Insbesondere, wenn wir es mit einem Umschlag, der mit einer metallisierten Folie (Heißfolienprägung oder 3D-Touch) veredelt ist, zu tun haben. Dann sieht auch der schönste Buchumschlag nachlässig und in höchster Eile angefertigt aus. Wir wollen doch nicht, dass unser Buch noch vor dem Blick ins Innere mit solchen Bezeichnungen in Verbindung gebracht wird…
Bis jetzt scheint alles einfach zu sein. Die Sache wird etwas komplizierter, wenn es sich herausstellt, dass die Mitte bei der Zentrierung nicht immer der wichtigste Bezugspunkt sein sollte.
Die Mitte befindet sich nicht immer in der Mitte
In geometrischer Hinsicht gibt es wohl keine Zweifel, wo genau die Mitte liegt. Um Mathe kommt man nicht umhin. Die Planimetrie ist unerbittlich und die Mitte des Umschlags liegt genau in der Mitte zwischen der Buchrückenlinie und dem Rand des Umschlags. Wir dürfen aber nicht vergessen, dass es in diesem Fall nicht um eine präzise Ermittlung der Mitte des Buchumschlags geht. Man muss auch die Optik in Betracht ziehen. Das menschliche Auge lässt sich nämlich sehr einfach täuschen. Auch wenn die Elemente auf unserem Umschlag ideal in der Mitte ausgerichtet sind, können die Leser den Eindruck haben, dass damit irgendetwas nicht stimmt und sie zu sehr zur Seite verschoben sind. In manchen Fällen müssen wir einen Trick anwenden, damit das grafische Element sich wirklich genau in der Mitte befindet.
Zwei Methoden der Zentrierung
Je nachdem, mit welcher Art von Bindung wir es zu tun haben, befindet sich die Achse, in Bezug auf welche die Zentrierung erfolgt, an einer etwas anderen Stelle. Damit alles auch verständlich ist, nutzen wir die Option auf unserer Webseite Umschlagaufriss erstellen.
Zentrierung bei Softcoverbindung
Bei der Softcoverbindung (mit Faden– und Klebeheftung) ist die Sache ziemlich einfach. Wir zentrieren die Elemente „geometrisch“ in Bezug auf die vertikale Achse, die in der Hälfte der Breite auf der Vorderseite des Umschlags verläuft. Die Stauchlinie gehört selbstverständlich auch zur Vorderseite des Umschlags. Anders formuliert: die vertikale Achse liegt zwischen der Buchrückenlinie und dem Rand des Umschlags. Die Anschnitte berücksichtigen wir natürlich nicht, weil wir uns nur auf den sichtbaren Teil des Umschlags konzentrieren.
Zentrierung bei Hardcoverbindung
Bei der Hardcoverbindung (Klebe– und Fadenheftung) wird es dann viel komplizierter. Die Ursache? Der eingebrannte Falz. Die Stauchlinie ist auf den ersten Blick nur leicht sichtbar, der eingebrannte Falz dagegen bildet eine sehr markante Einteilung, die man berücksichtigen muss. Für ein besseres Verständnis sorgt das folgende Schema.
Um die Stelle der Zentrierungsachse zu ermitteln, muss die Vorderseite des Umschlags in zwei Bereiche – den eingebrannten Falz und den um diesen Falz verkleinerten Teil des Umschlags – eingeteilt werden. Auf dem Aufriss sind diese Bereiche dunkel- und hellblau hinterlegt. Wir konzentrieren uns jetzt auf die Breite des eingebrannten Falzes und halbieren sie. Die Hälfte der Breite des eingebranntes Falzes fügen wir nun dem restlichen Teil des Umschlags bei. Die Zentrierungsachse verläuft in der Hälfte der Breite dieses Bereichs.
Die Gefahr lauert beim Rahmen
Bei einem Rahmen muss die Zentrierung mit größter Sorgfalt durchgeführt werden. Es handelt sich nämlich um eines der heikelsten Elemente, die man auf einem Umschlag nur platzieren kann.
Bereits einige Millimeter machen hier einen riesengroßen Unterschied. Die geometrische Rahmenform unterstreicht sämtliche Unzulänglichkeiten bei der Gestaltung des Umschlags. Ist der Rahmen nicht ideal in der Mitte ausgerichtet, z.B. ist der Abstand zur Oberkante größer als zur Unterkante, sticht es sofort ins Auge. Der Betrachter muss wirklich kein Gefühl für das Schöne haben, um keinen Gefallen an solch einem Umschlag zu finden. Für uns bedeutet das, dass man bei der Gestaltung von Rahmen mit größter Sorgfalt vorgehen muss.
Regeln sind da, um gebrochen zu werden
Die obigen Regeln ergeben sich aus unserer Buchbinder-Praxis. Aus unserer jahrelangen Erfahrung ergibt sich aber noch etwas, und zwar: manchmal funktionieren diese Regeln einfach nicht. Der Kreativität der Umschlagdesigner sind keine Grenzen gesetzt. Bei manchen grafischen Entwürfen geraten wir auf Abwege, wenn wir uns streng an die Regeln halten. Was tun, wenn der Grafiker bei einer Softcoverbindung den Buchrücken bis zur Stauchlinie in einer anderen Farbe gestaltet? Diese farbige Einteilung des Umschlags verändert seine Proportionen. Wenn wir in diesem Fall die gängigen Regeln beachten, können wir den Eindruck haben, dass die zentrierten grafischen Elemente zu nah am Buchrücken liegen. Wenn der entworfene Umschlag mit Elementen, die in Bezug auf andere Bezugspunkte zentriert sind, optisch ansprechender wirkt, dann sollte man diesbezüglich auf sein Bauchgefühl vertrauen. Da aber bewährte Lösungen in Reichweite sind, müssen meistens keine offenen Türen eingerannt werden.