Vorsatzarten
Wir haben bereits einen Artikel über das Vorsatzpapier verfasst, in dem wir uns vor allem auf eine Vorsatzart und ihre optischen Eigenschaften konzentriert haben. Das heißt aber noch lange nicht, dass wir mit diesem Thema durch sind. Über diesen unscheinbaren Buchbestandteil kann man lange erzählen. Wir erklären auch, was es mit dem einfachen Vorsatz auf sich hat.
Wozu dient das Vorsatzpapier?
Seine wichtigste Aufgabe besteht in der Verbindung des Innenteils (Buchblocks) mit dem Umschlag. Sollten Sie sich nur eine einzige Information aus dem gesamten Text merken, dann ist es diese. Das Vorsatz erfüllt auch andere Funktionen, aber seine konstruktive (oder besser gesagt verbindende) Rolle ist am wichtigsten. Aus diesem Grund sollten wir bei der Wahl des Materials, aus dem das Vorsatzpapier besteht, äußerst sorgfältig vorgehen. Da das Vorsatzpapier starken Spannungen ausgesetzt ist, sollte es sich durch eine möglichst hohe Reißfestigkeit auszeichnen. Meistens handelt es sich um ein Papier mit einer höheren Grammatur als der Innenteil des Buches.
Das Vorsatzpapier ist auch aus optischen Gründen nicht zu unterschätzen. Es verdeckt nämlich die Pappe, aus der man die Buchdecke herstellt. Außerdem schützt es den Buchblock vor Verschmutzungen während der Buchbindeverfahren. Ferner ist das Vorsatzpapier das Erste, was ein Leser nach dem Aufschlagen eines Buches zu Gesicht bekommt. Man sollte sich also bemühen, damit das Vorsatz sich optisch sehen lässt (darüber haben wir bereits hier geschrieben).
Buchblock und Umschlag ohne Vorsatz:
Doppeltes Vorsatz – klassischer geht es nicht
Fangen wir mit der bekanntesten und robustesten Vorsatzart. Bei dem doppelten Vorsatz handelt es sich um zwei gefalzte Doppelblätter. Sie werden an die Innenseite der Buchdecke und an den Buchblock geklebt. Einfacher ausgedrückt: ein doppeltes Vorsatzpapier besteht aus zwei Papierbögen, die in der Mitte gefalzt genauso groß sind wie die Seiten des Buchblocks. Diese Doppelblätter werden an die zweite und dritte Umschlagseite sowie an den Buchblock geklebt. Daraus ergibt sich: wenn wir uns für ein bedrucktes Vorsatz entscheiden, dann handelt es sich um einen einseitigen Druck, dh. 4+0 (Informationen über diese Bezeichnung finden Sie hier). Die erste und letzte Seite des Buchblocks werden aber nicht vollständig mit Klebstoff versehen. Damit der Buchblock dauerhaft mit dem Vorsatzpapier (und dem Umschlag) verbunden ist, reicht bereits ein sehr schmaler Klebstoffstreifen auf der ersten und letzten Buchblockseite entlang des Buchrückens. Diese Art, den Buchblock mit dem Umschlag zu verbinden, ist sehr widerstandsfest und robust.
Auf der Abbildung sieht man auch, dass das Vorsatzpapier laut dem 4+4-Verfahren bedruckt werden kann. Das bedeutet, dass wir imstande sind, grafische Elemente nicht nur auf der 2. und 3. Seite des Vorsatzes, sondern auch auf der 4. Seite, die direkt an den Buchblock grenzt, zu platzieren. Natürlich wird die erste Seite des Vorsatzes und der schmale Streifen am Buchrücken auf der 4. Seite nicht bedruckt, weil diese Bereiche mit Klebstoff versehen und mit dem Umschlag bzw. dem Buchblock verbunden werden.
Einfaches Vorsatz – in der Kürze liegt die Würze
Das einfache Vorsatz wird für den Broschürendruck (z.B. 24 oder 32 Seiten) verwendet. Das Vorsatzpapier bilden in diesem Fall das erste und letzte Blatt des Buchblocks, die an die Innenseiten der Buchdecke geklebt werden. Das bedeutet, dass die erste und letzte Seite des Buchblocks nicht bedruckt werden, weil man sie ja eh an die Buchdecke anklebt. Somit sieht der Leser auf der zweiten und dritten Umschlagseite die dritte und vorletzte Seite des Buchblocks. Das klingt vielleicht etwas kompliziert, ist aber sehr einfach. Für ein besseres Verständnis soll die Abbildung sorgen.
Meistens wird diese Vorsatzart auf besonderen Wunsch des Kunden eingesetzt. Üblicherweise – unabhängig von der Dicke des Buches – verwenden wir doppeltes Vorsatzpapier. Bei dünneren Büchern ist das doppelte Vorsatz manchmal sogar Pflicht, denn zwei zusätzliche Doppelblätter sorgen für entsprechendes Volumen. Darüber freuen sich auch die Maschinen. Sollte sich der Kunde aber diese Vorsatzart ausdrücklich wünschen und es keine technischen Bedenken gibt, können wir natürlich ein einfaches Vorsatz verwenden.
Vorsatz als Heftlage – die Hybride unter den Vorsatzarten
Das Vorsatz als Heftlage ist eine sehr spezielle Vorsatzart und wird sehr selten, bzw. für ganz besondere Bücher, verwendet. Der Grund ist eine ziemlich untypische Bindungsart – eine Verbindung von Heftbindung und Hardcover. Das Vorsatz umfasst einen einteiligen Innenteil und wird als der letzte Bogen des Doppelblattes eingesetzt. Die Blätter des Innenteils und das Vorsatzpapier sind mit Heftklammern miteinander verbunden. Die erste und letzte Seite des Vorsatzes werden mit Klebstoff an den Buchumschlag geklebt. Wie wir bereits erwähnt haben, gehört diese Vorsatzart nicht zu gängigen Vorsätzen, mit denen wir es in unserer Druckerei oft zu tun haben. Wir stellen es eher als eine Möglichkeit und weniger als ein gängiges Anwendungsbeispiel vor.
Wenn wir diese drei Vorsatzarten kennen, können wir davon ausgehen, dass uns in dieser Hinsicht nichts mehr überrascht, oder? Naja, nicht ganz… Es gibt mehr Buchbindekunstwerke im Himmel und auf Erden, als die Schulweisheit der Buchbinder sich träumt. Aber die Kenntnis dieser drei Vorsatzarten reicht völlig aus, um sich in Sachen Vorsatz nicht vollständig verloren zu fühlen.