Der Wow-Effekt
Vielen Grafikern rauben solche Kundenaussagen den wohlverdienten Schlaf: „Der Entwurf sieht ja sehr schön aus, was mir aber fehlt ist der Wow-Effekt.“ Leider sind wir nicht imstande, alle Probleme, mit denen Grafiker zu kämpfen haben, zu lösen, doch beim Entwurf von Buchumschlägen ist der Wow-Effekt zum Greifen nahe. Veredelte Umschläge können dazu beitragen, dass unser Druckwerk auf dem Regal in der Bücherhandlung zum echten Hingucker wird. Wir wissen genau, dass man ein Buch nicht nach seinem Umschlag beurteilen kann - jeder, der noch nie ein Buch aus rein ästhetischen Gründen gekauft hat, solle den ersten Stein werfen.
Was genau ist die Veredelung?
Allgemein erklärt handelt es sich bei der Veredelung um diverse Oberflächenverarbeitungsverfahren, deren Ziel es ist, das Druckwerk optisch ansprechbarer zu machen. Einige davon haben zudem einen positiven Einfluss auf seine Robustheit und Lebensdauer. Bevor sie in Buchbindungsprozessen weiterbearbeitet werden, unterzieht man bedruckte Papierbögen Veredelungsverfahren. Es stehen uns zahlreiche Möglichkeiten zur Verfügung. Wir besprechen einige der beliebtesten.
1. Folienkaschierung
Das am öftesten gewählte, klassische Veredelungsverfahren. Dabei wird die gesamte Druckfläche mit einer durchsichtigen Kunststofffolie überzogen. Dadurch wird der Buchumschlag vor Feuchtigkeit und mechanischen Schäden geschützt und sieht auch gut aus. Zur Wahl stehen mehrere Folienarten, die sich eigentlich durch den auf der kaschierten Druckoberfläche erzielten Effekt voneinander unterscheiden.
Glanzfolie ist mit Abstand die robusteste Sorte, die über eine sehr gute Rissfestigkeit und hohe Beständigkeit gegen Umweltfaktoren verfügt. Wenn man sich für diese Folie entscheidet, sollte man sich gut überlegen, was auf den Umschlag gedruckt werden soll – aus rein praktischen Gründen raten wir von Spaltentexten ab. Die Augen werden beim Lesen von auf glänzenden Oberflächen gedruckten Textpassagen schnell müde. Wenn man andere zum Lesen anregen möchte, sollte man ihnen keine Steine in den Weg legen.
Mattfolie weist ähnliche Eigenschaften wie die Glanzfolie auf. Mit dieser Art von Folie müssen wir bei der Lesbarkeit des Textes keine Kompromisse eingehen. Matte Oberflächen sind edel und stilvoll. Leider hat die Mattfolie auch Nachteile – sie ist nicht rissfest. Manchmal genügt es, das Druckwerk leicht über die Tischoberfläche zu schieben, um auf dem Umschlag Risse zu verursachen. Entscheiden wir uns für helle Farben, sind diese kleinen Mängel nicht erkennbar. Bei Umschlägen in dunklen Farben empfehlen wir die Verwendung von Anti-Scratch-Folie in matt, die das Risiko von Rissen wesentlich reduziert.
Eine interessante Lösung (und unsere Lieblingsfolie) ist die Softtouch-Folie, die optisch an ihre matte Variante erinnert. Ihre Besonderheit tritt erst dann zutage, wenn man ein mit dieser Art von Folie kaschiertes Buch in die Hand nimmt: es fühlt sich fast samtweich an. Der Wermutstropfen: schmutzige oder fettige Finger hinterlassen auf einer mit Softtouch-Folie kaschierten Oberfläche Spuren; doch keine Angst, man braucht sie nur kurz abwischen und wieder sieht sie wie neu aus.
2. UV-Lackierung
Bei diesem Verfahren wird UV-Lack auf die Druckfläche aufgetragen und anschließend mit UV-Strahlen gehärtet.
Partieller UV-Lack ist eine beliebte und ziemlich günstige Veredelungsmethode. Bei der partiellen Lackierung werden nur bestimmte Bereiche des Umschlags mit Lack überzogen – dadurch werden wichtige Teile betont, z.B. der Vor- und Nachname des Autors, der Buchtitel oder ein Teil eines Bildes. Wenn man aber etwas kreativer vorgehen möchte, kann man auf die Grafik verzichten und sich nur für den Lack entscheiden. In diesem Fall bildet der lackierte Bereich einen Kontrast zu dem Umschlagsteil, der nicht kaschiert ist, und es entsteht so etwas wie ein Wasserzeichen. Bei solchen Experimenten bewähren sich einfache Formen, die man leicht wahrnehmen kann. Der Glanzlack ist die beliebteste Option, obwohl man auch Mattlack wählen kann.
Nach einem ähnlichen Prinzip funktioniert der sog. 3D-Lack, der beim Trocknen sein Volumen vergrößert. Dadurch erzielen wir einen 3D-Effekt, denn mit diesem Lack überzogene Bereiche werden optisch und haptisch hervorgehoben. Ein guter Rat: der 3D-Lack sollte nicht vollflächig aufgetragen werden, weil er in der Mitte „zusammenlaufen“ kann und keinen dreidimensionalen Effekt erzielt.
Wenn die Fantasie mit einem durchgeht, kann man auch Glitzerlack verwenden, also Lack mit Glitzersilber. Diese Lacksorte erfreut sich vieler Anhänger und ungefähr genauso vieler Gegner – die einen sind der Meinung, dass man der bedruckten Fläche bei gut durchdachter und nicht übertriebener Verwendung mehr Eleganz verleihen kann – das Ziel eines jeden Veredelungsverfahrens -, die anderen wiederum sagen, dass Glitzer der Inbegriff von Kitsch ist.
Die oben angeführten Veredelungsmethoden eignen sich sehr gut für folienkaschierte Oberflächen. Beim unbeschichteten Papier ist die Folienkaschierung schlichtweg ein Muss – Offsetpapier hat z.B. die Eigenschaft, Lack „aufzusaugen“, was dazu führen kann, dass das Ergebnis miserabel aussieht und in keiner Weise mit der Vorstellung des Grafikers übereinstimmt.
3. Kalandrieren
Die Bedeutung der Begriffe „Kaschierung“ und „Lackierung“ sollte eigentlich klar sein. Das Wort „Kalandrieren“ hört sich dagegen etwas exotisch an. Beim Kalandrieren wird der Oberfläche eine gewisse Struktur verliehen (z.B. Leinen- oder Lederstruktur). Die bedruckte Oberfläche wird mit Folie kaschiert und danach durch zwei Kalanderdrehwalzen hindurchgeführt. Das auf den Walzen eingeprägte Muster wird auf das folienkaschierte Papier übertragen. Für dieses Verfahren eignen sich verschiedene Folienarten: Matt-, Glanz-, Softtouch- und Strukturfolie.
4. Trocken- und Heißfolienprägung
Die Heißfolienprägung ist ein sehr effektvolles Veredelungsverfahren, mit dem Entwürfe durch die Zugabe von Gold, Silber und sonstigen glänzenden Metallfarben üppiger gestaltet werden.
Dieses Verfahren erfordert drei grundlegende Faktoren: gewölbte Matrize, Folie und (wie der Name schon sagt) hohe Temperatur. Die Matrize besteht aus einem wärmeleitfähigem Stoff. Die erhitzte Matrize prägt die Folie auf den Umschlag auf, in der unter Wirkung von Temperatur der Klebestoff aktiviert wird. Dadurch entsteht auf der bedruckten Oberfläche eine Form, die mit dem Umriss der auf der Matrize sichtbaren Zeichnung übereinstimmt. Wir dürfen nicht vergessen, dass der Preis für dieses Veredelungsverfahren von der Matrizengröße abhängt: je größer die Matrize, desto mehr Folie wird verbraucht und desto höher die Kosten. Wenn man sich das Ergebnis anschaut, dann weiß man, dass dieses Verfahren Goldes wert ist…
Die Trockenprägung verleiht dem Druckwerk eine dreidimensionale Optik. In diesem Verfahren wird die Matrize (oder das Gegenstück, dh. die Patrize) auf die Oberfläche gedrückt, um das auf der Matrize abgebildete Muster dauerhaft auf die Umschlag-Oberfläche zu übertragen. Diese Methode eignet sich sowohl bei nicht bedruckten wie auch bei bedruckten Oberflächen – im letzten Fall dient sie dazu, das bereits gedruckte Muster hervorzuheben (z.B. Buchtitel, Vor- und Nachname des Autors, Verlagslogo oder sonstige dekorative Elemente).
5. Blindprägung
Eine sehr effektvolle Veredelungsmethode. Obwohl man sie vor allem mit Kinderbüchern in Verbindung bringt, wird sie von Grafikern erfolgreich auch in Büchern für Erwachsene eingesetzt. Die Blindprägung ist weder das kostengünstigste noch das einfachste zu entwerfende Veredelungsverfahren, deshalb sind wir fest davon überzeugt, dass nur im Druckwesen versierte Grafiker es mit dieser Methode aufnehmen sollten. Mit Hilfe eines Stempels wird im Umschlag die vom Grafiker vorgesehene Form ausgeschnitten. Woran müssen wir bei dieser Veredelungstechnik denken? Da im Umschlag ein Loch ist, ist das Vorsatzpapier auch beim geschlossenen Umschlag sichtbar. Deshalb sollten wir uns bemühen, dass dieses Papier an das Loch angepasst ist – mit Hilfe einer speziellen Grafik oder einer entsprechend platzierten Textpassage (beide Elemente müssen optisch überzeugen, auch beim Hochklappen des Umschlags). Dadurch tragen wir zu einem hochästhetischen Druckergebnis bei.